Künstlerhaus
Halle für
Kunst & Medien

Burgring 2
8010 Graz, Austria
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Eintritt frei, keine Anmeldung erforderlich.

14 11 2019  18:00

Kunst einer dunklen Zeit

Herbert Lipsky, Vortrag
Herbert Lipsky, Foto: privat

In der 2010/11 gezeigten Ausstellung „Die Kunst der Anpassung“ (Neue Galerie Graz, Stadtmuseum Graz) sollten die Verhaltensweisen jener Künstler_innen nachgezeichnet werden, die sich nach dem „Anschluss“ 1938 auf die Seite der Nationalsozialisten gestellt haben beziehungsweise die jahrelang selbst treibende Kräfte der NS-Bewegung in der Steiermark waren. Die Ausstellung zeigte neben Arbeiten, die auf eine „innere Emigration“ schließen lassen können, auch eindeutig programmatische Werke derselben Künstler_innen: martialisch-pathetischen Heroenkult wie explizit nationalsozialistische Propaganda. Sie belegte auf Basis des aktuellen Forschungsstandes mit vielen Dokumenten der Unterwerfung die intensive Kollaboration vieler steirischer Künstler_innen, Kunstorganisationen und Künstlervereinigungen mit den Nationalsozialisten. Zudem verdeutlichte sie auf erschreckende Weise, wie fast bruchlos die Integration der eben noch führertreuen Künstler_innen in das steirische Kunstgeschehen der Nachkriegsgesellschaft erfolgte.
Das umfassende Werk „Kunst einer dunklen Zeit. Die bildende Kunst in der Steiermark zur Zeit des Nationalsozialismus“ (2010) des Arzt, Autors und Kunsthistorikers Herbert Lipsky diente als wissenschaftliche Grundlage dieser Ausstellung. Darin verarbeitet Lipsky seine jahrelange wissenschaftliche Recherche zur bildenden Kunst in der Steiermark zur Zeit des Nationalsozialismus, seiner Vorgeschichte sowie seinen Nachwirkungen. In seinem Vortrag im Künstlerhaus stellt Lipsky diese Arbeit vor und versucht auch auf Verweise auf das das nur kurze Zeit später im Jahr 1952 erbaute Künstlerhaus auszumachen.

Der steirische herbst 2019 setzt sich unter der Überschrift „Grand Hotel Abyss“ und dessen Bezug auf den ungarischen Philosophen, marxistischen Interpreten und politischen Aktivisten Georg Lukács mit dem Verhältnis der Intellektuellen – und ihrer Ratlosigkeit – angesichts der erkennbar ansteigenden Gefahren des Faschismus in der Zeit knapp vor dem Zweiten Weltkrieg auseinander. Davon inspiriert befasst sich das Künstlerhaus, welches 1951/52 während der de facto auslaufenden britischen „Besatzung“ und ihrer die Demokratie, den Wiederaufbau und die Fassung einer österreichischen Identität stärkenden bzw. ermöglichenden Administration im Auftrag des Landes Steiermark als erster Kulturbau Österreichs nach dem Zweiten Weltkrieg erbaut wurde, in inhaltlicher Anlehnung an die ausstellenden Künstler_innen Jasmina Cibic, Jeremy Deller und Ian Hamilton Finlay mit seiner eigenen Entstehungs- und Architekturgeschichte sowie Ausstellungshistorie und dehnt somit den historischen Rahmen bis in die Nachkriegszeit.

Univ.-Prof.i.R. Dr.med. Herbert Lipsky (*1936 Graz, lebt in Graz) studierte Medizin in Graz und war Facharzt für Chirurgie und Urologie. Später wurde er zum Primarius der Urologischen Abteilung am LKH Leoben. Nach seiner Pensionierung studierte er Kunstgeschichte an der Universität Graz und beschäftigt sich seitdem intensiv mit der Geschichte und Kunst der NS-Zeit und darüber hinaus in der Steiermark. Lipsky war Initiator der Ausstellungsreihe „Kunst im Spital“ und lieferte die Idee und inhaltliche Grundlage für die von Günther Holler-Schuster kuratierte und in wissenschaftlicher Betreuung von Heimo Halbrainer und Herhard Schwarz begleitete Ausstellung und kulturhistorische Dokumentation „Die Kunst der Anpassung. Steirische Künstler_innen im Nationalsozialismus zwischen Tradition und Propaganda“ (Neue Galerie Graz und Stadtmuseum Graz, 2010/11), die auf Lipskys Buch „Kunst einer dunklen Zeit. Die bildende Kunst in der Steiermark zur Zeit des Nationalsozialismus“ (2010) basierte. Auf der Website des Archives der Neuen Galerie ist zu den entsprechenden Entwicklungen der Jahre 1938 bis 45 und der Nachkriegszeit folgendes Fazit zu lesen: „Auf Basis des aktuellen Forschungsstandes belegt die Ausstellung „Die Kunst der Anpassung“ mit zahlreichen Dokumenten der Unterwerfung die intensive Kollaboration vieler Künstlerinnen und Künstler und fast aller steirischer Kunstorganisationen mit den Nationalsozialisten. Die Ausstellung zeigt, dass die Logik der Anpassung oftmals mehr als nur eine Strategie des Überlebens war. Nicht zuletzt macht 'Die Kunst der Anpassung' erschreckend deutlich, wie die Integration der eben noch führertreuen Künstlerinnen und Künstler in das steirische Kunst- und Kulturgeschehen der Nachkriegsdemokratie fast bruchlos erfolgte.“

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