Künstlerhaus
Halle für
Kunst & Medien

Burgring 2
8010 Graz, Austria
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Journal
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Pressegespräch:
10.03.2017, 10:00

Eröffnung:
10.03.2017, 19:00

Kurator: Michał Jachuła, Warschau

Kuratorenführung: 16.03.2017, 18:00

Michał Jachuła ist Kurator in Residence, unterstützt vom Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres und vom Österreichischen Kulturforum Warschau

Unterstützt von: Instytut Adama Mickiewicza, Warschau

Gratis Shuttle Service zur Eröffnung:
Abfahrt Wien 10.03.2017, 15:00, Oper Bus 59a
Abfahrt Graz 10.03.2017, 23:30, < rotor >, Volksgarten

Weitere CMRK Eröffnungen am 10.03.2017:
18:00 Grazer Kunstverein
20:00 Camera Austria
21:00 < rotor >
www.cmrk.org

11 03 2017 — 11 06 2017

Monika Zawadzki

Der Keller

„Der Keller“ ist die erste umfassende Einzelausstellung der Künstlerin Monika Zawadzki (*1977 Warschau) außerhalb Polens, die neben neuen Kommissionen siebzehn abstrakte und figurative Werke aus unterschiedlichen Perioden der vergangenen zehn Jahre umschließt und so die künstlerische Entwicklung Zawadzkis aufzeigt.

Zawadzki kreiert Skulpturen, Wandbilder und Videos, in denen sie in bewusst vereinfachter Darstellung die Ökonomie der Form offenlegt. Ihre künstlerische Praxis basiert auf fundiert recherchiertem Inhalt sowie antizipiertem sozialen Engagement. Die Künstlerin untersucht die Art und Weise wie Individuen und Gruppen mit ethischen, biologischen und politischen Ordnungen umgehen. In ihren Werken wirft sie Fragen zu Gewalt, Vorherrschaft und Exklusion auf und erörtert das Verhältnis zwischen Körperlichkeit und Spiritualität. Zawadzkis visuelle Sprache gründet auf sich stets in schwarz wiederholenden Motiven, die sie in groß angelegten Objekten oder monumentalen Arbeiten realisiert. Die formelle Zurückhaltung hin zur puren Materialität ist charakteristisch für ihre Praxis.

Das monumentale Wandbild „Minuet with Cows“ (2006) – angebracht auf der äußeren Fassade der Apsis im Künstlerhaus, Halle für Kunst & Medien – lädt die Besucher von außen in die Innenräume des Gebäudes zur Ausstellung „Der Keller“ ein. Wie der Titel bereits verrät, geben die dem „Danse Macabre“ thematisch entlehnten menschlichen und animalischen Figuren einen Hinweis auf den Standort der Ausstellung, den mit schwarzem Boden versehenen Untergeschoss.

Abgesehen von seiner Funktion als Nutzraum wird der Keller oft mit den dunklen, unterbewussten Gesichtspunkten des menschlichen Wesens konnotiert. In diesem Sinn stellt der Ausstellungsraum im Untergeschoss den konzeptuellen Rahmen zur Präsentation von Zawadzkis Arbeiten dar. Der Zyklus „Human and Animal Rights“ aus der Ausstellung „Cattle“ (Zachęta, National Gallery, Warschau 2014) sowie Anyone (CCA-Ujazdowski, Warschau 2010) repräsentieren das Schaffen der letzten Jahre. Bei den für die Ausstellung neu entstandenen Arbeiten handelt es sich um die zwei Skulpturen „Potatoes“ und „Shame (The Purpose of Art is Innocence)“ (beide 2017). Das dreiteilige letztere Werk kommentiert Zawadzki mit „I’m ashamed that I am human“. Die Scham als menschliche Selbstwahrnehmung kann in Selbstverachtung und Geringschätzung der umgebenden Welt münden. Die Künstlerin zeigt diesen Prozess in abstrakten und figurativen Basreliefs, die einer Altarwand oder einem Grabstein ähneln. Mit dieser Arbeit vertritt Zawadzki die Auffassung, dass Information das höchste „Wesen“ der Zukunft sei. Erstmalig nimmt der „Nachmensch (posthuman)“ in ihrer Kunst die Form des „Cyberaffen (cyberape)“ in „Shame (The Purpose of Art is Innocence)“ an. Die anti-totalitäre Haltung dieser Skulptur kann als eine Weiterführung ihrer früheren anarchistischen Arbeiten betrachtet werden.

„Ich erkenne die Existenz eines Wesens an, das sich in der Form von gleichwertigen temporären Rollen manifestiert. Der Mensch für sich ist ein Fehler. Das Ziel seiner Individualisierung ist eine grenzenlose Expansion basierend auf Gewalt, sogar innerhalb des eigenen Typus. Der einzige natürliche Organismus, der mit einem Menschen vergleichbar wäre, ist ein Virus dessen Wachstum zum Tod des Organismus führt (ausgehend von dem Film „Matrix"). Ich schäme mich, dass ich ein Mensch bin. Die Unschuld wird zu einer kollektiven Seele. Die Veränderung hängt von einer Neubewertung der konventionellen Zuschreibung menschlich/nicht-menschlich ab, ausgehend von „Data“ als möglicherweise aktuell umfassendstem Zusammenhang. Ich erkenne Hierarchien nicht an. Die Realisierung des Freiheitstraums in Zeit und Raum ist dank einer Selbst-Zurückweisung des Menschen möglich, bewirkt von einer echten, aber nicht funktionellen Gleichstellung mit anderen temporären Identitäten. Ich fordere Bescheidenheit – eine Reformation, die den Ausstieg aus dem „Menschenzeitalter“ beinhaltet, eine Rückkehr zu einem primitiven Modell, dem Animalischen, und das Einbeziehen von technologisch modifizierten Organen."

Ihren Standpunkt bezieht sie aus sozialen Fragen und gegen jegliche Gewalt, ohne über die Taten von Menschen zu urteilen – den Anthropozentrismus lehnt Zawadzki dabei ab. Ihre Arbeiten stehen für ambivalente Botschaften voller schwarzen Humors bei gleichzeitiger Ernsthaftigkeit, die vorherrschenden Systeme akzeptierend – in einer Welt, in der zahlreiche katastrophische Szenarios wahr werden können. Mit einer Sensibilität für Bescheidenheit und die menschlichen Limits erkennend, setzt die Künstlerin ihre Arbeiten um.

Zawadzkis ambivalent indirekte, abstrakte als auch figurative Arbeiten sind imposant und mystisch, aber auch offen für diverse, oft widersprüchliche Interpretationen. Wiederkehrende Themen wie Transformation und Zirkulation von Materie und Energie prägen ihre künstlerische Praxis. Fließende Prozesse führen zur physischen und spirituellen Transformation, zum Form- und Sinnverlust und damit zur neuen Identität. Zawadzki befürwortet durchaus drastische Einschnitte, sie hinterfragt und dekonstruiert den akademischen Diskurs, um spirituelle Erfahrungen individuell oder im Kollektiv zu ermöglichen.
Zawadzki's Realisierungen funktionieren wie Modelle ihrer inhaltlichen Konzepte, die sie im Ausstellungsformat kritisch hinterfragt, gegeneinander ausspielt, aber auch sich voneinander vervollständigen lässt, um daraus schließlich größere überzeugend aufeinander abgestimmte Gruppen von Objekten zu arrangieren.

Monika Zawadzki studierte Grafik an der Warschauer Akademie für Bildende Kunst. Ihre Arbeiten wurden in Einzelausstellungen in renommierten Institutionen wie dem CCA-Ujazdowski Castle in Warschau (2008, 2010), Pinchuk Art Centre in Kiew (2012) und Zachęta, National Gallery of Art in Warschau (2014) gezeigt. Zudem nahm sie an zahlreichen Gruppenausstellung teil, wie in The Museum of Art in Łódź (2011, 2013, 2014), The Museum of Odessa Modern Art (2013) und National Art Museum of China, Beijing (2015). Ihre Skulpturen und Wandbilder sind in den Sammlungen von Muzeum Sztuki in Łódź, in den Warschauer Institututionen Zachęta, National Gallery of Art und CCA-Ujazdowski Castle sowie der Stadt Auroville in Indien vertreten. 2011 promovierte sie an der Warschauer Akademie für Bildende Kunst. Dr. Monika Zawadzki ist zurzeit Assistenzprofessorin am Institut für Visuelle Kommunikation an der Akademie für Bildende Kunst in Szczecin.

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